Samstag, 2. Juli 2016

Extreme Heuernte



 Über 30 Grad Hitze, das Heu ist trocken und liegt heimfahrbereit auf drei verschiedenen Wiesen, zum Teil in Hanglage. Unsere Technik ist wie jedes Jahr  marode. Erntehelfer sind rar, denn bei uns heißt Heu-Ernte: Schinderei wie vor 100 Jahren! Einige Heugabeln und Rechen für traditionelle Heu-Handarbeit, ein alter Buldog und ein abenteuerlicher Ladewagen stehen uns zur Verfügung. Diesmal konnten wir fünf junge Männer aus Aphghanistan und dem Irak anheuern: Hisbola (Aphghanistan), Muhammad (Irak), Aiman (Irak, Bruder von Muhammad), Lihad (Irak) und Mirweis (Aphghanistan). Wir kennen die Jungs vom Pilgergottesdienst bei den Glückspferden in Arnbruck - und sie werden uns  an diesem heißen Erntetag Glück bringen..... Für den späten Nachmittag/Abend sind schwere Gewitter gemeldet. Das Heu muss dringend rein!


Während Xaver mit vier Jungs das Heu zum Heimholen vorbereitet, hilft Hisbola mir lieber im Stall bei den Tieren. Er ist Analphabet, spricht minimal Deutsch aus Youtube-Kursen, hat in seiner Heimat Schafe gehütet und nie eine Schule besucht. Wie gerne hätte er einen persönlichen Deutchlehrer! Glück gehabt: Gestern bei den Glückspferden hat Hildegard Weiler vom Wolfgangsweg zugesagt, ihn einmal pro Woche zu unterrichten. Friedel wird ihn nächsten Donnerstag zum Unterricht mit dem Auto abholen. So arbeiten die Wolfgangspilger zusammen!

Mit frischer Kraft geht's zusammen mit Vater Xaver  runter zum Alpine-Hang, wo die Jungs das Heu mit den Rechen - hier am Buldog aufgeladen - einladebereit in lange Stege (="Schluchten") formieren werden. Xaver wird vorher nochmal maschinell durchwenden, damit das Heu richtig stroh-trocken ist.


 Beim Anhängen des Ladewagens stellt sich heraus, dass einer der Reifen nicht mehr fahrtüchtig ist. Sofort beweisen unsere Asylbewerber-Freunde ihr technisches Improvisations-Können und wechseln den Reifen mit einfachsten Werkzeugen.










In dieser Hanglage ist Vorsicht geboten! Mirweis und Lihad helfen mit der Heugabel, das Heu während der Fahrt aufzuschichten, wo es Staus beim technischen Aufladevorgang gibt.

Inzwischen haben sich immer mehr dunkle Wolken am Himmel zusammen gebraut. Vom Arber her sieht es schon recht gefährlich aus. In spätestens einer Stunde wird das Gewitter hier sein! Wir haben aber immer noch zwei größere Flächen zu bewältigen. Muhammad muss unbedingt nach Neunussberg gefahren werden, weil dort seine Freundin spontan zu Besuch eingetroffen ist. Ich fahre Muhammad und danke dem HERRN, dass die anderen noch bereit sind, hier vor Ort weiter zu kämpfen. Mittlerweile ist es 8 Uhr geworden, wir sind seit 12 Uhr im Einsatz. während meiner Bring-fahrt sehe ich, dass die arber-Region bereits im regen steht. nur wenige kilometer entfernt ist der xaverhof.  Stehen die Jungs bereits im Starkregen?

In der Tat: Noch ist es trocken! Preiset den HERRN! Doch was höre ich da vom Feld herüber tönen? Xaver flucht heftig! Das Gewitter ist nun etwa 20 Minuten entfernt, und der Pickup vom Ladewagen ist zusammengebrochen. Wir hängen mit einer Riesenfuhre aufgeladenem Heu fest! Fieberhaft suchen wir nach einer kombizange , finden eine, hilft aber nicht: Alles komplett verrostet! "Wir brauchen einen 17-ner Schraub-Schlüssel!" Den hat auf die Schnelle nur der Schmid im Dorf. Schnell ins Auto und zum Dorf! Schmid ist nicht da...



Wir teilen uns hektisch in zwei Gruppen. der technisch versierte Mirweis rast mit dem xaver mit dem Mofa und einer Eisenstange, einem Schlegel und anderem Not-Zubehör zurück zum festgefahrenem Ladewagen, während ich mit Lihad, Aiman und Hisbola mit Gabeln und bloßen Armen das Heu von der Wiese neben dem Hof schnell reintrage. Eine Sekunde zum Fotografieren hab ich!


 
Da legt sich Aiman erschöpft auf den Boden und sagt: "Ich bin tot!" Auch hier nehme ich mir eine Sekunde zeit für ein Foto.


Noch 5 Minuten, dann wird uns die schwarze Gewitterwand ergreifen. Eine erste Sturmböe wirft uns fast zu Boden.

Und Xaver und Mirweis und das Heu im Ladewagen??



SIE KOMMEN!


Xaver rangiert auf Millimeter genau rückwärts mit dem Ladewagen ein - dann geht es los: Ein Hurrican im Bayerischen Wald! Noch nie da gewesen. Wir können uns in einer Sekunden-Punktlandung gerade noch in den Heustadel retten, als es losgeht. "Scheiße, mein Auto ist offen!" rufe ich. Todesmutig rennt Aiman ins Wetter in Richting Auto. Aiman und hisbola sind irgendwo. Es tobt.

Keine Fotos.

Eine Stunde später bei Starkregen, Blitz und Donner gelingt es uns, nach vorne im Stadel über die Heuberge zu klettern und vom Vordereingang aus Kontakt zu Aiman und Hisbola aufzunehem: Lihad rennt zum Auto und fährt es näher zum Eingang. Aiman rennt zu uns: er war die ganze Zeit an die Hauswand gedrückt im Wettersturm - Hisbola hatte ihn nicht ins Auto gelassen.  - - Aiman zittert und ist patschnass. Wir beschließen, vorsichtig loszufahren.
Aiman braucht eine Zigarette

Was war los mit Hisbola?
Unterwegs kein Durchkommen: Viele große umgestürtzte Bäume auf den Straßen. Feuerwehr im Volleinsatz. Wir kehren nochmal um zum Xaverhof, wo Xaver im Dunklen, Strom sparend wie immer,  mit Strinlampe gemütlich in der Stube sitzt und sein Brot mit Zwiebeln isst. Wir laden Xaver mit der Motorsäge ins Auto ein und kommen wohl behütet um Mitternacht am Ziel an. Aiman lacht zehnmal "DANKE!", Muhammad zeigt uns stolz seiner Christina, und Hisbola kocht uns einen heißen Tee.




14 Kommentare:

  1. Das ist ja ein halber Krimi! Ich habe noch NIE bei einem deiner Blog-Texte so mit gefiebert, dass um Himmels willen bitte doch alles gut ausgehen möge und ihr es rechtzeitig schafft!
    Und stelle fest, dass zu all deinen freischaffenden Künsten inzwischen auch das Schreiben gekommen ist. Unglaublich!
    Und dass die Jungs so toll mitgemacht haben!
    Aber sie haben - trotz Anstrengung und Nässe und Kälte - ihre helle Freude an der Arbeit. Das zeigt einmal mehr, WIE wichtig sinnvolle Beschäftigung ist für sie, die sie tage- und wochenlang, zur Untätigkeit verdammt, oft nur in den Tag hinein leben, stets negative Botschaften fürchtend. Die menschlichen Dramen, die sich da in einem jeden von ihnen tagtäglich im Innern abspielen, können wir bestenfalls erahnen ...
    Um so segensreicher sind da deine Angebote, liebste Dori!
    Du gibst ihnen ein großes Stück Würde.
    Wie soll es bewerkstelligt werden, dass die Jungs diesen tollen Blog, dessen Hauptdarsteller sie sind, zu sehen kriegen?
    Zur Not nehm ich meinen Laptop mit nach Neunussberg, brauch aber Internetanschluss, weil mein Akku defekt ist.

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    1. Liebste Carola, jedes Deiner Worte ist für mich wichtig, jedes ist ein Juwel! Gerade diese Deine Stellungnahme ist für mich eine sehr wichtige Unterstützung, da Du als professionelle Lehrein und Seelsorgerin, ja: Seelsorgerin! - sowohl in Deiner Zeit an der Realschule als auch jetzt in Deiner so wichtigen und hilfreichen Arbeit und Lehrtätigkeit mit den Flüchtlingen wirklich Einbicke und Erfahrungen hast.

      Im Gespräch mit den Jungs habe ich schon gemerkt, dass sie gerne meinen Bericht, den ich zu erstellen vor Ort angekündigt habe, sehen wollen. Zumindest werde ich wieder Fotos für alle ausdrucken lassen, habe etliche davon, bin jedoch noch nicht dazu gekommen.

      Ich finde es einfach grandios, dass Du meinen mit viel nachträglich nochmal gefühltem Herzklopfen nachts verfassten Foto-Bericht als küntlerisch wertvoll erachtest. Mir ist diese meine "grenzüberschreitende" Blog-Arbeit wichtig, sie gehört schließlich zu meinem Projekt des "Gesamtkunstwerks". Künstler sind ja immer auch als politische Wesen mitten drin im Geschehen, sonst sind sie keine Künstler. Künstler wollen bewusst machen, sichtbar machen, stören, aufrütteln, trösten.....

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  2. Liebe Dori,
    ich sah von uns daheim aus die Wolken kommen, rot auf der Unterseite, gefährlich! Da habe ich das erstemal zum Wettergott gebetet, und weil es hier nur zu einer schlimmen Sturmbö kam und der Regen - für dieses Jahr - glimpflich ausfiel, dachte ich, es hätte gewirkt.
    Ich hab ja selber Heuerfahrung und kenne die Stimmung, gemischt aus Erschöpfung und Triumph, wenn es geklappt hat. Ich gratuliere Euch allen. Und Deine Helfer muss man einfach lieben. Xaverhof in Bestform. Danke für diese Geschichte. Deine Helfer werden sie nicht vergessen. Stell Dir vor, sie erzählen dies alles in Afghanistan und Syrien ihren Enkeln: " in der Zeit, wo ein menschengemachter Tornado die Völker durcheinander wirbelte, waren wir bei einem Gnomheiligen (damals aussterbende Rasse) und einer Blechprinzessin mit goldenem Haar. Wir machten Heu, also ich meine Heu aus RIESENmengen Gras, aber Hitzetage gab es dort nur ganz wenige, dafür umso mehr Eile..." usw

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    1. Liebe Gewitterbänigerin, Märchenerzählerin, Seherin von sichtbaren und unsichtbaren Tatsachen und liebende Schwester,

      danke für diesen wunderbaren Kommentar!

      P.S.: Wie wärs mit einem Geburtstags-Treff am Donnestag so 2 Uhr beim Weinfurtner, der hat sehr gute Torten, Sylvi wäre dabei....

      Deine Blechprinzessin mit goldenem Haar

      "Gnomheiliger" ist EXTRANO süß!!!

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  3. die Bilder untermalen die spannende Geschichte farbig. Da hast du tolle Helfer gehabt!

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    1. Mir sehr wichtig, was Du sagst, dass da was objektiv rüberkommt. Du weißt das, liebe Eselfreundin aus Island! :)))

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  4. Wow! So exciting! You had me on the edge of my seat! Did you lose any hay in the field? We used to bale hay and I know the feeling when rain comes at the worst times. :)

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    1. Thank you, dear Lisa, sister in Christ and sister in works with hay and animals, brave rich beloved blessed friend of the Lord.

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  5. Cheers,Dori.
    They look so exciting!

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  6. Ha Dorie
    Zwaar werk, het hooi binnen halen ,maar gelukkig
    veel handen om te helpen,een mooi verhaal met
    prachtige foto,s,die laten zien de donkere lucht
    het gevaar van het onweer....maar het is gelukt!!
    lieve groet Christiene.

    Ha Dorie
    Heavy work, hay win, but happy
    many hands to help,, a nice story
    beautiful pictures, s, showing the dark sky
    the danger of the storm .... but it worked !!
    dear greeting Christiene.

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    1. Ha Dorie schwere Arbeit, Heu zu gewinnen, aber glück, weil viele Hände zu helfen, eine schöne Geschichte, beautiful Bilder, die dunkle skythe Gefahr des Sturms zeigt .... aber es hat funktioniert !! Lieben Gruß Christiene.

      Oh, ja, ES HAT FUNKTIONIERT! Wonderful, Christiene from the Summer-Netherlands with a lot of wide meadows!

      O yes, IT WORKED! Wunderbar,Christiene aus den sommerlichen Niederlanden mit vielen weiten grünen Wiesen!

      Grüße an ChristAlpine von DoriAsyl

      Greeetings to ChristAlpine from DoriAsyl :))))

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  7. Ein ergreifender Bericht! ! Kannst du den nicht auch drucken lassen? Hilft vielleicht auch um deutsch zu lernen.

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    1. Gute Idee: Carola dachte auch schon nach in der Richtung! Ich schick gleich dann nen Link zu Marco.....

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Hallo erster Schnee!

Ankunft in Fernsdorf, 16.00 Uhr. Blick nach Osten, heranzoomen: Der Xaverhof  liegt still im ersten milden Schnee-Weiß. Was wird mich erwart...