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Dieses Objekt versucht Rehe zu warnen |
Ich beginne mit meinem heutigen Post mit dieser "Vogelscheuche". Dieses Objekt hat zwei Nächte vor der Mahd der Jäger vom Revier Fernsdorf und Umgebung in der Nachbarswiese aufgestellt. Als ich ihn befragte, was diese "Fahne" bedeutet, erklärte er mir, dass sie die Rehmütter animieren soll, ihre Kitze in der Nacht aus der Wiese heraus zu locken, damit sie nicht durch die Mähmaschinen getötet oder verletzt werden.
Rehe setzen ihr Jungen in den Monaten April bis Juli, und zwar mit Vorliebe in die Wiesen. Wenn Gefahr durch ein Raubtier droht, ducken sich die Rehkitze auf den Boden. Dies wird ihnen jedoch bei den modernen Landmaschinen zum tödlichen Verhängnis. Die Erntemaschinen für Gras und Mais werden nicht nur immer größer, sondern auch schneller. Niederwildtiere wie Rehkitze, Hasen oder Fasane haben fast keine Chance den gefährlichen Mähmaschinen zu entgehen. Ihr Tod ist nicht nur ein herber Verlust für den Wildtierbestand, sondern auch ein ernst zu nehmendes Leid für die Tiere. Hierfür muss der Mensch dringend sensibilisiert werden, beklagt der Jäger.
Als ich ihm zwei Wochen später wieder begegne, hält er spontan mit seinem Jeep an und lässt das Fenster runter. "Hat es viele gestorbene und verletzte Rehkitze gegeben?" frage ich. Er steigt aus, hat ein sehr ernstes Gesicht und zweigt mir dieses Foto auf seinem Smartphone:
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3 Rehkitze und ein Hase, verletzt und zerrisen von einer Mähmaschine |
"Nachdem eine Wiese gemäht worden ist, werde ich manchmal gerufen, um tote Rehkitze einzusammeln. Manchmal leben sie noch, und dann muss ich sie erschlagen. Ich erfahre nicht von jedem toten oder verletztem Tier. Die Dunkelziffer ist hoch, und oft merken die Bauern selber gar nicht, was passiert ist." berichtet mir der Jäger.
Ich bin ergriffen und erschrocken und frage: "Gibt es gar keine Abhilfe?"
"Es gibt verschiedene Methoden, um den Schaden zu verhindern, aber das ist alles nur Stückwerk. Die Technik für stärkere Maschinen entwickelt sich rasant, doch bei der Lösung der Tötung von den Jungtieren durch solche Maschinen sind wir erst am Anfang. Keine Methode ist wirklich ausgereift."
Engagierte Jäger sind oft von früh bis spät in den noch zu mähenden Flächen unterwegs, um die Gefahr für die Tierkinder abzuwenden. Die Bauern haben fast immer extremen Zeitdruck und können wenig
Rücksicht auf die wehrlosen Geschöpfe nehmen, obwohl sie eigentlich dazu verpflichtet sind. So setzen sich vielfach die Jäger als Tier-Retter ein.
Weitere Methoden zur Kitzrettung:
* Das Mähen von innen nach außen kann schützen, es sind aber nicht alle Grundstücke dafür geeignet.
* Sogenannte "Kitzretter", das sind moderne Sirenen, die am Mähwerk angebracht werden, erzeugen einen extrem unangenehmen Ton, der für Menschen jedoch kaum wahrnehmbar ist. Dieser Ton warnt die Tiere und vertreibt sie aus dem geplanten Einsatzgebiet.
* Manche Landwirte versuchen mit Drohnen die Rehgelege ausfindig zu machen.
* Die hilfreichste und sicherste Lösung wären jedoch sogenannte Sensoren,
im Prinzip ähnlich den Sensoren an den Mais-Erntemaschinen, welche Metall melden, damit die Maschine nicht kaputt geht. Solche Sensoren an den Mähwerken arbeiten mit Infra-Rotlicht und reagieren auf Lebewesen. Allerdings ist diese Technik noch unausgereift, und die Entwicklung ist kostspielig. Staatliche Unterstützung wäre hier sehr wünschenswert.
Wenn ein Wolf ein Schaf reißt, so geht das durch alle Medien, und der Ruf nach Abschuss wird laut. Wenn Mähwerke Rehkitze zerreißen, ist das eigentlich Alltag. Eine Sensibilisierung diesbezüglich wäre ein erster Schritt.
Hier noch zum Trost ein Schutzengel für Tiere mit dem Hinweis auf einen alten Volksglauben in Russland. Hier sagte man, dass getötete Tiere sanft von ihren Engeln aufgehoben werden und an einen besseren Platz gebracht werden. Feinfühlige Menschen haben ein Gespür dafür, dass es außer der sogenannten "Welt" noch etwas gibt, was darüber hinausreicht.
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Engel mit Schaf, Blecharbeit, lebensgroß |
Und in unserer Nachbarswiese? Da ist zum Glück nichts passiert!