Und nach diesen schönen Tagen werd ich endlich heim getragen

Franzhörnchen liegt im Stroh

 Stündlich wurde unser liebes Franzhörnchen, ein seltenes Schweizer Berg-Schaf ("Wallser Schwarznasenschaf"),  schwächer und matter. Auch mit unserer Hilfe konnte sie sich keine 10 Sekunden auf den Beinen halten, sie taumelte und fiel wieder zu Boden. Aber sie rief nach mir und bat um Heu, hartes Brot und Lämmerkorn. "Mit einer Schale voll Lämmerkorn kommt sie vielleicht wieder zu Kräften. Spare nicht damit. Sie muss unbedingt in nächster Zeit selber aufstehen können", sagte der Schafscherer, der sich um Franzhörnchen bemühte wie um sein eigenes Schaf. 

Heute gegen Mittag (ich hatte selbst morgens einen Arzt-Termin) bekomme ich einen Anruf eines Bekannten von Xaver. "Xaver hat kein Geld mehr auf seinem Handy. Das Schaf stirbt. Er muss jetzt weg."

Ich komme zum Kinderzimmer, wo Franzhörnchen im Stroh gebettet liegt, still und friedlich. Ich denke, sie ist schon gestorben. Vorsichtig trete ich näher - nein, sie lebt noch! Sie bemüht sich zu reagieren. Weinend tröste ich sie. Ich weiß, dass wir jetzt nicht allein sind. Im selben Moment kommt der Tierarzt herbei, der junge Albaner. Nennen wir ihn Wessar. Nach einiger Beobachtung und Fiebermessen (sie hat Fieber) bittet er mich, noch seinen Kollegen aus Rumänien zur Beurteilung zu rufen. "Wenn ein Tier stirbt, ist es das gleiche, wie wenn ein Mensch stirbt", sagt er zu mir  Romanos (Name geändert) kommt. Er stellt zusammen mit Wessar fest, dass die Ursache von Franzhörnchens Sturz vor drei Tagen kein "Ausrutscher" war, sondern eine Gleichgewichts-Störung mit Nerven-Ausfällen und Infektion aufgrund einer Meningitis (Hirnhautentzündung). 

Ein Schaf darf nicht länger als maximal 3 Tage ohne Bewegung liegen. Dann sammelt sich Wasser an, und im Blut sammelt sich Kohlendioxyd an. So wollen wir unser Franzhörnchen nicht mehr bis morgen ihrer Krankheit überlassen. Der Todes-Engel half ihr sanft auf ihren letzten Erden-Weg.

 Bis morgen liegt jetzt Franzhörnchen noch weich in Stroh gebettet im Kinderzimmer. Wegen der Gesetze dürfen wir sie nicht im Wald bestatten. Sie wird dann abgeholt werden. Aber sie ist ja schon längst auf der grünen Wiese. Ich sehe sie fröhlich grasen, zusammen mit anderen nicht verlorenen Schafen, mit meinem Alpaka Pako und mit den Hunden. Ich sitze am Wiesenrand unter einem blühenden Kirschbaum und spiele mit der Flöte ein Hirtenlied.

Die schneegeladenen Märzwolken ziehen ab und der Himmel öffnet sich.